Melanie Krüger
Geboren 1954 in Oderwalde
Lebt und arbeitet in Mülheim an der Ruhr
2010 – 2013
Studium der Malerei an der fadbk "Freie Akademie der bildenden Künste", Essen
2013
Akademiebrief mit Auszeichnung, Meisterschülerin bei Stephan Paul Schneider und Nicola Schrudde
2014
Postgraduiertenstudium, fadbk, Essen
2018
Kunstpreis Wesseling 2018 nominiert
Diverse Einzel- und Gruppenausstellungen
„Bilder, die auch ganz anders hätten aussehen können....“ Gedanken zu den Arbeiten von Melanie Krüger
Klare, lichtdurchflutete Partien stehen pastos-dichten Farbflächen gegenüber; grafische Strukturen kreuzen; kleinteilige Pinselschwünge behaupten sich gegenüber raumgreifenden Bewegungen mit dem Spachtel; farbintensive Elemente kontrastieren mit stumpfer Materie; schrundige Oberflächen reagieren auf plane Bildgründe; die Bewegung des Aus-dem-Bild-Springens wird mal mehr mal weniger stark in Balance gehalten durch das In-die-Tiefe-Strömen: In den Arbeiten von Melanie Krüger zeigt das Schöpferische seine Facetten, seinen Reichtum.
„Ich beginne meine Bilder mit Disharmonie. Mir gefällt das anfängliche Chaos. Mir gefällt die Unsicherheit, mir gefällt der Weg des Schaffens. Durch das Spiel mit Farben und Formen kann ich verstecken, aufdecken, abdecken. Durch die Gewichtung von Farben, von Fülle oder Leere, entstehen Bilder, in denen es hierarchische Strukturen, aber auch eine demokratische Motivverteilung, ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Motive gibt.“
Am Anfang steht der leere Bildträger. Ob Leinwand oder Pappe, ob als kleines oder großes Format – die Leere des Raums wird durch einen ersten Pinselhieb aufgehoben. Schicht für Schicht werden Farben gesetzt, entstehen Überlagerungen und Strukturen. Dunkle, manchmal fast düster wirkende Farbflächen erhalten einen Kontrapunkt in kräftigem Türkis, leuchtendem Blau oder intensivem Magenta. Bereits verwendete Farbe wird am Pinsel mitgenommen, um mit der Folgefarbe eine Beziehung einzugehen und in neuen Zusammenhängen wieder aufzuscheinen. Dominante, hervorspringende Farbflächen gestatten zarten Tiefenräumen neben ihnen zu bestehen. Das Wesen des Bildraums wächst allmählich aus sich selbst heraus. Gesetztes wird aufgegriffen, sorgt für Weiterentwicklung; Gesetztes darf stehen bleiben, um zu wirken und viele Arbeitsschritte später erneut in den Fokus zu geraten.
Die Vielgestaltigkeit der so entstehenden abstrakten Arbeiten reicht von abweisenden, den Eintritt in den malerischen Kosmos verwehrenden Kompositionen bis hin zu heiteren, einladenden, von Leichtigkeit erfüllten Bildräumen.
„Ich betrachte die zu bearbeitende Fläche als Bewegungsraum, als Freiraum. Das gibt mir die Möglichkeit des eigenen Ausdrucks.“
Das, was auf der Leinwand passiert, spiegelt das Geschehen im Inneren der Malerin. Im stetigen Dialog mit dem eigenen Selbst – der eigenen Intuition und Empathie, den individuellen Emotionen und Stimmungen – entwickelt sich die Bildkomposition.
Melanie Krüger absolvierte von 2010 bis 2013 ein Studium der Malerei an der Freien Akademie der bildenden Künste in Essen. Als Meisterschülerin von Stephan Paul Schneider und Nicola Schrudde schloss sie mit Auszeichnung ab. Sie spricht davon, dass sie bei null begonnen habe, ohne Vorbilder, nur „aus mir selbst heraus“: Ein künstlerischer Ausdruck als zentrales Bedürfnis, als innere Notwendigkeit. Zeigten sich die Arbeiten anfangs rauer in ihrer Sprache, kleinteiliger und kompakter in ihrem Aufbau, so ist diese Struktur einer sanfteren und lichteren Farbgebung, einer offeneren, jedoch nicht minder ausdrucksstarken Gestaltung gewichen.
Neben den Bildern entstehen jedoch auch zarte grafische Blätter, plastische figürliche Arbeiten und humorvoll-bizarre Arrangements aus Fundstücken unterschiedlicher Materialität, die Melanie Krüger in der Tradition des Objet trouvé mit einem feinen Gespür für die Ästhetik der Dinge zusammenfügt.
„Meine Bilder entstehen nicht durch Interpretation eines Gegenstandes.“
Kunsthistorisch betrachtet steht das Oeuvre von Melanie Krüger dem Informel nahe. In den 1940er/50er Jahren lösten sich seine Protagonisten von den ideologisch erstarrten Kunstäußerungen der beiden Jahrzehnte zuvor. Mit der Hinwendung zu einer abstrakten, gegenstandslosen Malerei, erfolgte die Befreiung der Kunst in technischer und konzeptueller Hinsicht. Da der klassische Bildaufbau ebenso abgelehnt wurde wie die Wiedergabe bekannter Motive sowie der Rückgriff auf geometrische Abstraktionen, konnte mithilfe von Improvisation und Experiment, unter dem autonomen, ungesteuerten Einsatz der Farbe eine neue, gestische Form der Malerei geschaffen werden. Wols, Fritz Winter, Karl Otto Götz, sind Namen, die hier – gerade auch in Bezug zu Melanie Krüger – zu nennen sind.
Im Informel wie auch in den Arbeiten von Melanie Krüger tauchen immer wieder Formen, Linien und Strukturen auf, die beim Betrachter unterschiedliche Assoziationen wecken: Figuren, Naturszenerien, pflanzliche Elemente, Köpfe, Gegenstände.
Melanie Krüger stellt es jedem frei, die eigenen Gedanken, Erinnerungen oder Sichtweisen einfließen zu lassen und überlässt somit die Interpretation ihrem Publikum. Viel wichtiger erscheint ihr die emotionale Berührung des Betrachters. Bereitschaft und Zeit sind hier sicherlich Kriterien, die dem Werk seitens des Publikums zu wünschen sind: Bereitschaft und Zeit, die Malerei in eingehender Betrachtung wirken zu lassen, und dabei auf eine Wanderschaft durch Bild- und Assoziationsräume, aber auch durch Gefühlswelten zu gehen, um Aspekte des eigenen Selbst zu entdecken.
Uschi Baetz
Freie Kunsthistorikerin